Ausstellung Jan Koblasa

November 2015

Jan Koblasa

Skulpturen & Graphiken

(Vor 50 Jahren 1965 zeigte die Galerie zum ersten Male Arbeiten von Jan Koblasa)

Galerie Christoph Dürr

Gegründet 1963

Hübnerstraße 5
80637 München

Telefon 089 / 129 39 92 • Telefax 089 / 188722
www.galerie-ch-duerr.de • ch-duerr@galerie-ch-duerr.de

Mappenwerk Apocalypsis
mit Texten von

Manfred de la Motte

(22 Radierungen, Blattgröße 86 x 65 cm, entstanden 1967/68 in Prag, verlegt 1974)

Titelblatt

Das Titelblatt erläutert des Künstlers Verhältnis zum Text: es sind in keinem Falle „Illustrationen“ zu einem vorgegebenen Text, der etwa eine reine Aussage wäre oder ein sachlicher Bericht über irgendeinen objektiven Sachverhalt. Der Text selbst ist doppelbödig, vielschichtig, und des Künstlers Rolle ist die eines Sprechers mehr, als die eines lässigen Interpreten, den es im Grunde wenig an­geht. Das Wort „Apokalypse“ drängt aus einer Art Mund. Jemand spricht aus dem Dunkel, jemand legt dar, erhellt, offenbart. Wer? sachlich richtig ist natürlich: die Offenbarung des Johannes. Aber zu­gleich ist als eigentlicher Autor unten links angege­ben: ,,Koblasa“ und rechts unten das Datum
„1967-1968″. Was man im unteren Drittel des Blattes für Wurzelwerk, Gebirge oder Vulkane halten könnte, wird zum menschlichen Kopf, wenn man das Blatt umdreht: zu Johannes, aber auch zum Künstler­Selbstportrait, der den Text über sich hinsprechen läßt, geduldig, leidend, vielleicht zugleich seherisch, denn die Augen sind geschlossen, als ob sie etwas sähen, das nicht sichtbar ist. Der Kopf verhält sich passiv, inaktiv, von der Schwere und der Schwärze des oberen Bildteiles geradezu erdrückt, auch von seinem Gewicht. Der Mund ist klein und geschlossen, er spricht nicht, etwas spricht durch ihn – eben jene Apokalypse, wie ein von eigenem Atemhauch be­schlagener Spiegel. Nicht subjektive Aussage, son­dern ein Stück „Weltliteratur“. Der Autor – wer auch immer – tritt zurück, er vermittelt nur das Werk.

1.

„Gespräch mit 7 Gemeinden“

(Eingang und Gruß. Erscheinung des verklärten Menschensohnes. Geheimnis der sieben Sterne und Leuchter)

Dies ist die Offenbarung Jesu Christi, von Gott gegeben und durch seinen Engel dem Knecht Johannes gesandt. Also eine Botschaft vo n IHM und den sieben Geistern, die da sind vor seinem Stuhl, a n
die sieben Gemeinden in Asien. ER ist also – auch auf dem Blatt – Bestandteil der Gemeinden
wie auch der Geister, aber bei weitem der Größte. Er kommt mit den Wolken, Johannes sieht sieben
Leuchter, darunter IHN, menschengleich, sieben Sterne in seiner rechten Hand, und aus seinem
Mund ein scharfes zweischneidiges Schwert. Die sieben Sterne sind Engel der sieben Gemeinden
und die sieben Leuchter sind sieben Gemeinden.

2.

„ Versprechen des Holzes des Lebens, der Krone des Lebens, des weißen Steins, des Morgensterns“ (Sendschreiben Christi an die Vorsteher und Gemeinden zu Ephesus, Smyrna, Pergamus und Thyatira)

Das Blatt ist waagerecht gevierteilt, je Gemeinde eine Zone. Oben ist zunächst die Botschaft an Ephesus mit dem Versprechen, vom Holz des Le­bens zu essen zu geben, das im Paradies ist. Ein gewaltiger Lebensbaum wächst in großer Helligkeit in die Höhe, zum Paradies hin – das außerhalb
des Blattes liegt. Dann – der Gemeinde zu Smyrna – gilt die Krone des Lebens – nicht ein Schmuck­stück, sondern ein Gebilde, angefüllt mit Leben und Treiben. Sie ragt aus Dunkelheit hervor. Unterhalb der Mitte dann gibt der Geist der Gemeinde zu Pergamus einen weißen Stein, auf dem ein neuer Name steht, „welchen niemand kennt, denn der ihn empfängt“. Dieser Stein wirkt wie ein heller Stern in dunkler Nacht, auf ihm in den Untergrund laviert, ein Schriftzug, vielleicht lesbar, vielleicht aber auch nur Anspielung an Schrift und Namen. Darüber klar und deutlich die Inschrift LVX. Was ist gemeint?Lux, das lateinische Licht? Oder wieder eine Ver­schlüsselung aus römischen Zahlen: 50, 5 und 10?Wir wissen es nicht, denn den neuen Namen kennt niemand, ,,denn der ihn empfängt“. Und im unter­sten Teil kündigt der Geist an, er werde in der Gemeinde zu Thyatira demjenigen den Morgenstern geben, der überwindet und seine Werke bis ans Ende hält. Hier also der Morgenstern im Zeichen des Kreuzes?

3.

Versprechen der weißen Kleider, des Tempel­pteilers, des Abendmahls auf dem Thron“

(Sendschreiben Christi an die Vorsteher und Gemeinden zu Sardes, Philadelphia und Laodizea)

Dies Blatt ist in drei waagerechte Zonen eingeteilt, die aber ineinander übergehen und kompositorisch vermittelt sind. Wer (oben) in der Gemeinde zu Sardes überwindet und nicht seine Kleider besudelt hat, die werden mit IHM wandeln in weißen Klei­dern, deren strahlende Helligkeit angedeutet ist durch Ausstreichen von Falten und Grauwerten. Im zweiten Drittel wird der Gemeinde zu Philadelphia offenbart, wer überwindet, werde zum Pfeiler in dem Tempel Gottes – zum tragenden, stützenden Teil der Bildarchitektur, umbrandet vom (auch gespiegelten) SLYS (tschechisch= höre!). Der Pfeiler ist aber zu­gleich Öffnung, entsprechend dem Versprechen der offenen Tür, die niemand je zu verschließen vermag. Diese Andeutung einer Tür setzt sich im unteren Drittel fort, jene Tür in der Gemeinde zu Laodizea, durch die ER tritt, sofern IHM aufgetan wird, um das Abendmahl zu halten.

4.

„Einer auf dem Thron (24 Alteste, 4 Tiere)“

(Offenbarung der Majestät Gottes und die feierliche Anbetung vor seinem Thron)

Im Himmel öffnet sich eine Tür, man sieht einen Stuhl, darauf sitzt einer, anzusehen wie der Stein Jaspis und Sarder, darum ein Regenbogen, wie ein Smaragd, der zwei Drittel des Blattes füllt. Am Fuße des Thrones ein Getümmel von vierundzwanzig Ältesten, die sich niederwerfen und ihn anbeten. Blitze, Donner und Stimmen gehen von dem Thron aus, und vor ihm – am unteren Rande des Regen­bogen-Smaragd-Ringes – sieben Fackeln und Feuer. Und ganz unten ist ein gläsernes Meer, wie ein Kristall, hier als gerader Kasten angedeutet, dazu vier Tiere voller Augen überall, ein Löwe, ein Kalb, ein fliegender Adler und etwas Menschen­ähnliches.

5.

„Drei alte Harfenspieler (das versiegelte Buch)“

(Das Lamm empfängt das Buch mit sieben Siegeln)

Der kastenartige Thronbau wird vom vorigen Blatt gleichsam übernommen, nur wird er zum gewaltigen Buch in der rechten Hand des Sitzenden, innen und außen beschrieben, aber mit sieben Siegeln ver­siegelt und verschlossen – drei am unteren Buch­rand links, drei rechts und das siebente wahrschein­lich am oberen Buchknick, auf beide Seiten reichend. Das Lamm aber – vielleicht schon auf dem vorigen Blatt auftauchend – nimmt und öffnet das Buch: allenthalben anbetendes Harfenspiel, aufgezeigt an den drei alten Spielern in der unteren Hälfte des Blattes. Anbetung und Lobpreisung.

6.

„Apokalyptische Reiter“, zwei Blätter

(Eröffnung der ersten sechs Siegel)

Das Lamm öffnet die ersten vier Siegel – wahr­scheinlich Blatt 6a – und heraus tritt ein weißes Pferd mit Reiter, ein Sieger mit Bogen; aus dem zweiten Siegel tritt ein rotes Pferd, darauf der Reiter als Würgeengel mit Schwert; aus dem dritten tritt ein schwarzes Pferd mit einem Reiter, der eine Waage in der Hand hält; aus dem vierten Siegel tritt ein fahles Pferd hervor, auf ihm der Reiter Tod, dem die Hölle folgt, sie töten den vierten Teil auf der Erde. Die Siegel und ihre Öffnung, auf dem Blatt angedeutet durch die drei Kreisformen, die als Trennlinien auf konzentriertes Verderben deuten. Auf dem anderen Blatt nun – wahrscheinlich 6 -sieht man nach Öffnen des fünften Siegels unter dem weißen kastenförmigen Altar die Seelen der um Gottes Willen Erwürgten. Beim Öffnen des sechsten Siegels geschieht ein Erdbeben, die Sonne wird schwarz und der Mond wie Blut, die Sterne fallen auf die Erde (auf den Altar), der große Tag des Zornes ist gekommen – wer kann bestehen?!

7.

„Eröffnung der Siegel“

(Die Versiegelten aus den zwölf Stämmen, die selige Schar der Erlösten aus allen Nationen)

Auf diesem hellsten Blatt von allen sieht man vier Engel in den vier Ecken der Erde – und des Blattes – ruhig und gelassen stehen sie da, von oben ge­sehen, und halten alle Winde der Erde an. In der Mitte steigt ein weiterer Engel von der Sonne Aufgang empor und kündigt die Versiegelung der Knechte Gottes an ihren Stirnen an – einhundert­vierundvierzigtausend – eine unglaublich große Zahl, die für alle steht. Diese wimmelnde Vielfalt aller Stämme steht weißgekleidet vor dem Stuhl und vor dem Lamm und betet Gott an. Aus Trübsal ge­kommen, werden sie künftig nicht mehr hungern und dürsten; Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen. Das hellste Blatt mit der lichtesten Botschaft.

8.

„Engelsposaunen (VAE, VAE)“

(Eröffnung des siebenten Siegels. Die ersten vier Personen. Das dreifache Wehe)

Das siebente Siegel wird aufgetan – eine Stille am Himmel bei einer halben Stunde – die Stille ist die weiße leere des Blattes – aber sieben Engeln werden sieben Posaunen gegeben; zunächst posau- 1en vier – am obersten Bildrand, kleiner als ihre drohenden Instrumente. Beim ersten Engelsposau­r:en entsteht Feuer, Hagel und Blut; Bäume und Gras verbrennen. Beim Posaunenstoß des zweiten Engels fällt ein feuriger Berg ins Meer, es wird Blut. Der dritte Engel posaunt, und ein flammender Stern fällt vom Himmel, das Wasser wird zu Wermut und Menschen sterben, sobald sie davon trinken.
Und als der vierte Engel posaunt, wird ein Drittel der Sonne und des Mondes verfinstert. Die Mün­dungen der Posaunen wirken wie dräuendes Un­heil, wie schwarze Bomben. Unter ihnen sieht man einen weiteren Engel fliegen, mit großer Stimme,
„Wehe! Wehe! Wehe!“ rufend – als Warnung vor den drei Engeln, die erst noch posaunen sollen. Die Erde wirkt wie ein unwirtlicher schwarzer ausge­glühter Ball, er versinkt unten aus dem Blatt.

9.

„Die Heuschrecken“

(Die fünfte und sechste Posaune mit dem ersten und zweiten Wehe!)

Auf diesem Blatt ist von den unheilkündenden Engelsposaunen fünf und sechs vor allem die fünfte dargestellt; die andere, in der die vier Engel los­gebunden werden, um ein Drittel der Menschheit zu töten, geht in die fünfte – grausamere und zeit­gemäßere – mit ein. Die Posaune des fünften Engels nun läßt den Brunnen des Abgrundes sich öffnen, Rauch steigt auf, Sonne und Luft – und also auch dies Blatt – verfinstern sich. Eine Unzahl von Heu­schrecken steigt empor, scheußliche Tiere, mit Haa­ren, Zähnen, Panzern und Giftstacheln. Aber sie sind nicht zum Töten der Menschheit bestimmt, sie sollen vielmehr fünf Monate lang foltern und quälen, und nicht sterben lassen den, der den Tod herbei- sehnt.

10.

„Feierlicher Engel (Johannes verschlingt das Buch)“(Der Engel mit dem Buch, das Johannes verschlingt. Die sieben Donner)

Es erscheint ein gewaltiger Engel – der fast das Blatt füllt – angetan mit Wolken, Regenbogen, Sonne und Feuer. Er spricht mit starker Stimme, begleitet von siebenfachem Donner. Aber das Gesprochene soll versiegelt bleiben, unaufgeschrieben. Erst die Posaune des siebenten Engels wird das Geheimnis vollenden. Der große Engel hält ein Büchlein in der Hand, das Johannes auf Geheiß einer Stimme verschlingen soll. Und Johannes verleibt sich das Buch – hier mit ALPHA und OMEGA bezeichnet -im Wortsinn ein; es schmeckt zwar wie Honig, aber grimmt im Bauche. Aufforderung zu neuerlicher Weissagung.

11.

„Die Posaune des siebenten Engels (zwei Zeugen, angetan mit Säcken)“

(Messung des Tempels Gottes. Zwei Zeugen getötet und wieder lebendig. Die siebente Posaune)
Johannes mißt mit einem Rohr den Tempel Gottes, es erscheinen zwei Propheten, angetan mit Säc,ken – links und rechts auf dem Blatt – die sollen ·ein­tausendzweihundertsechzig Tage weissagen. Sie sind zwei Ölbäume und zwei Fackeln zugleich. Sie haben Macht über die Erde, aber aus dem Ab­grund steigt ein Tier auf, bekämpft und tötet sie. Ihr härenes Gewand ist in der Radierung als Stoff­abdruck deutlich. Aber nach dreieinhalb Tagen fuhr der Geist des Lebens in sie und sie fuhren auf zum Himmel. In der Mitte des Blattes die Posaune des siebenten Engels, der freudig verkündet, daß die Reiche dieser Welt nun Christi geworden sind.

12.

„Das mit der Sonne bekleidete Weib bereitet sich auf die Niederkunft vor (Kampf Michaels mit dem Drachen)“

(Das Weib, mit der Sonne bekleidet, und der Drache. Streit Michaels mit demselben)

Am Himmel erscheint ein großes Zeichen: ein Weib. Es ist mit der Sonne bekleidet – hier ein großer Feuerball – und hat den (sichelförmigen) Mond un­ter ihren Füßen, auf ihrem Haupt eine Krone mit zwölf Sternen. Sie ist schwanger und hat große Qual zur Geburt. Unten erscheint ein Drache, auf das neue Kind lauernd. Frau und Kind aber werden ent­rückt. Michael mit seinen Engeln und der Drache mit Gefolgschaft bekämpfen sich. Es kommt zu keiner Entscheidung. Der Teufels-Drache wird als Satan auf die Erde verbannt, seither ständig auf der
Jagd nach neuen Opfern.

13.

„Kampf mit dem Tier (eines Menschen Zahl 666)“

(Siebenköpfiges Tier aus dem Meer und ein zwei­hörniges aus der Erde)

Ein Tier steigt aus dem Meer, ein gräßliches Ungeheuer, sieben Häupter, zehn Hörner und auf seinen Häuptern Namen der Gotteslästerung. Der irdische Satans-Drache verleiht ihm Kraft. Seine Wunden heilen – zur großen Verwunderung des Erdbodens, der es anbetet. Das Tier aber lästert Gott, hat große Gewalt über die Menschen und strei­tet sogar mit Heiligen. Dies währt zweihundert­vierzig Monate. Und darauf erscheint ein neues Tier aus der Erde, das hat alle Macht des ersten und befiehlt, ein Bildnis vom ersten Tier zu machen. (Die Stele in der Bildmitte?) Es verleiht dem Bildnis Sprache – und alle, die es nicht anbeten, müssen sterben. Alle Menschen müssen sich ein Malzeichen geben, und niemand vermochte etwas zu tun, wenn er nicht den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens trug. Die Zahl des Tieres – und eines Menschen – aber ist sechshundertsechsund­sechzig. Der unterste graue Bildrand zeigt die un­gläubigen Menschen mit dem Malzeichen 666.

14.

„Gleich eines Menschen Sohn auf einer weiß­glänzenden Wolke (Sion)“

(Die 144 000 auf Zion. Drei Engel mit einer guten, aber auch warnenden Botschaft. Fröhliche Ernte und schrecklicher Herbst)

Dieses Kapitel ist prall gefüllt mit Ereignissen, Aktionen, Engeln, Stimmen, Tieren und Visionen. Dargestellt sind hier nur wenige. Ganz unten der Berg Zion mit labyrinthischen Aufgi.i1gen und einer Unzahl von Gläubigen: einhundert11ierundvier­zigtausend. Sie singen ein neues Lied von dem Herren, das niemand erlernen kann, der nicht gerecht ist. Es folgen mancherlei Engelsverkündi­gungen. Gegen Ende des Kapitels sieht man eine große weiße Wolke, darauf einer, der eines Men­schen Sohn gleicht. Mehrere Dialoge mit IHM und den Engeln. Ankündigung der Ernte (mit einer Sichel) und der (Wein-)Lese. Die Früchte sind reif – im Zeichen des Kreuzes.

15.

„Sieben Engel, sieben letzte Plagen (sieben Schalen)“

(Die Sänger am gläsernen Meer. Die letzten sieben Plagen. Vorbereitung zur Ausgießung der sieben Zornschalen)

Der Zorn Gottes vollendet sich: sieben Engel mit den letzten sieben Plagen. Und alle Menschen, die dem Tier und seinem Malzeichen nicht gefolgt waren, stehen am Ufer eines gläsernen Meeres und singen – mit Harfen – das Lied Moses‘. Die Engel – hell gekleidet und golC:cn gegürtet – treten aus dem Tempel des Himmels, in den Händen sieben goldene Schalen, angefüllt mit dem gerechten Zorn Gottes.

16.

„Drache, Tier, falscher Prophet (der unreine Geist gleicht einem Frosch) (Armagedon)“

(Die Schalen des göttlichen Zorns werden von den sieben Engeln ausgegossen)

Die Ausgießung des Zorns Gottes aus den sieben goldenen Schalen der Engel vollzieht sich. Unend­liche Plagen folgen, über Gerechte und Ungerechte. Aus dem Mund des Drachens, des Tieres und des falschen Propheten gehen drei unreine Geister, Fröschen gleich. Hierauf konzentriert sich die Dar­stellung, denn die unreinen Geister sind Geister des Teufels, sie verteilen sich über den ganzen Erdkreis, um alle auf den großen Tag Gottes zu versammeln. Und dieser Ort heißt: Harmagedon, im unteren Drittel auf hebräisch über das ganze Blatt geschrieben. Die Menschen aber lästern Gott wegen seiner Plagen.

17.

„Die trunkene babylonische Hure auf einem purpur­farbenem Tier“

(Babylon, das Weib auf dem Tier, vom Lamm überwunden)

Unten steht in der Senke einer Wüste ein scharlach­farbenes Tier mit sieben Köpfen – dargestellt
sind sieben verschiedene Füße – und mit zehn Hörnern – es ist voll Namen der Lästerung. (Siehe auch Kapitel 13.) Darauf ruht das Weib, trunken vom Blut der Heiligen, bekleidet mit Purpur, Gold und edlen Steinen, einen goldenen Becher in der Hand, voll Greuel und Unsauberkeit. Es folgen Erklärungen der Visionen, am deutlichsten hier: die zehn Hörner des Tieres = zehn Könige werden die Hure hassen und sie einsam machen, dann sie mit Feuer verbrennen. Dargestellt ist sie hier isoliert und gleichsam aufgespießt von den Hörnern des Tieres, wie auf einem Rost. Sie aber ist Babylon, die große Stadt, die das Reich hat über die Könige auf Erden.

18.

„Der Engel wirft einen Stein wie einen Mühlstein“

(Fall Babyions. Wehklage der Könige, Kaufleute und Schiffsleute. Freude im Himmel darüber)
Der Untergang Babyions ist verkündet, der Stadt schlechthin, Behausung der Teufel wie der
Könige, der Huren wie der Kaufleute. Alle Plagen dieser Welt werden über sie kommen, Tod, Leid und Hunger; Qual, Trauer und Feuer. Und alle Kost­barkeiten dieser Erde werden mit ihr untergehen, Zimt und Räucherwerk, Gold und Silber, Wein und Öl, Edelstein und Perlen, Holz und Marmor, Eisen und Erz. Und alle Händler, Handwerker und See­leute werden sie betrauern – weil sie in einer Stunde verwüstet sein wird. Was aber vermag solch gründliche Zerstörung? Ein starker Engel hob einen großen Stein, ja, auf dem Blatt hat er ihn bereits los­gelassen …

19.

„Weißes Pferd (treu und wahrhaft, ein scharfes Schwert aus dem Munde)“

(Triumpflied über Babels Fall. Die Hochzeit des Lammes. Erscheinung Christi, Sturz des Tieres und des falschen Propheten)

Jubel über die Verurteilung und Zerstörung Baby­ions, nun hat Gott das Reich eingenommen. Jetzt öffnet sich der Himmel, es erscheint ein strahlend weißes Pferd mit einem Reiter – Treu und Wahr­haftig – mit Augen wie Feuerflammen und viele Kronen auf dem Haupt. Er hatte einen Namen ge­schrieben, den niemand wußte denn er selbst. (Wie könnte er dann auf diesem Blatt deutlich als Person erkennbar sein!) Sein Kleid ist mit Blut be­sprengt; das himmlische Heer folgt ihm nach -ebenfalls auf weißen Pferden. Aus seinem Munde geht ein scharfes Schwert, damit streitet er gerecht gegen die Ungläubigen. Er ist das Wort Gottes, ein König aller Könige, ein Herr aller Herren. Er ver­heißt Erlösung.

20.

„Gebundener Drache (der andere Tod)“

(Der Satan gebunden auf tausend Jahre; erste Auferstehung. Gog und Magog. Das Jüngste Gericht)

Der Drache – die alte Schlange, Satan und Teufel – er ist gebunden, gefangen und in den Ab­grund geworfen – ringsum ist alles duster und schwarz – und der ist verschlossen und versiegelt für tausend Jahre! Ein Ende von Qual und Verfüh­rung! Und alle Gerechten, die nicht das Zeichen des Tieres angenommen hatten, sie leben und regieren mit Christus tausend Jahre. Satan, der Drache, kommt los für eine kleine Weile. Dann wird es für alle Toten und Lebenden ein Gericht geben, und Tod, Hölle und Teufel werden endgültig in den feuri­gen Pfuhl geworfen. Das ist der andere Tod.

21.

„Neues Jerusalem (der Pfuhl des anderen Todes)“

(Neuer Himmel, neue Erde, neues Jerusalem)

Die erste Erde und der erste Himmel sind ver­gangen, sehe!, da ist ein neuer Himmel und eine neue Erde und ein neues Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabgefahren, gewaltig, schön, licht und strahlend. Der feurige Schwefelpfuhl (aus Kapitel 20) aber bleibt bestehen: ewige Verdamm­nis und Qual für Satan, den Drachen, und alle Un­gerechten. Als unglückseliger Gegensatz zum neuen Jerusalem ist er mit im Bild. Die Stadt ist wahr­haftig ein Kleinod, hohe Mauern aus Jaspis, zwölf Grundsteine aus Edelstein mit den Namen der Apostel, und die Gassen der Stadt sind aus lauterem Gold – wie ein durchscheinendes Glas. Die Länge, die Breite und die Höhe dieser Stadt der Herrlich­keit sind gleich groß. Und es wird keine Nacht geben – die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie.

22.

„Ich komme bald“

(Der Strom und das Holz des Lebens. Gemeinschaft der Seligen mit Gott. Ernste Ermahnung und Warnung. Schluß)

Der Herr, der Gott der Geister der Propheten, hat seinen Engel gesandt, zu zeigen seinen Knech­ten, was bald geschehen muß: siehe, ich komme bald! In diesem Schlußblatt gibt es mehrere Anspielungen an frühere Kapitel. Gestalten und Bilder werden aufgegriffen und variiert: die große zentrale Figur vor dem kreuzzeichenhaften Hintergrund erinnert an IHN zwischen den sieben Leuchtern aus Kapitel 1, das Kreuz des Hintergrundes deutet auf den hellen Morgenstern im unteren Teil vom 2. Blatt, und schließlich ähnelt SEINE Darstellung dem 14. Blatt oben – gleich eines Menschen Sohn auf einer weiß­glänzenden Wolke.